Volkswagen Nutzfahrzeuge: Die Entwicklung des neuen California
Volkswagen Nutzfahrzeuge hat Mitte Mai die Neuauflage der Kultikone California vorgestellt. Technisch basieren alle New California auf der innovativen MQB-Plattform und damit auf dem aktuellen Multivan in der Langversion. Camper Professional hat Albert-Johann Kirzinger, den Chefdesigner von Volkswagen Nutzfahrzeuge, zu den Herausforderungen bei der Entwicklung des neuen California befragt.
Text: Claus-Detlev Bues
Fotos: Friso Gentsch und Volkswagen
Camper Professional – Mitte 2021 hat VW einen neuen Multivan als Nachfolger des T 6.1 vorgestellt, der ja schon einige Designpreise abgeräumt hat. War bei der Entwicklung schon klar, dass auch der California auf dieser Plattform kommen wird?
Albert-Johann Kirzinger – Der Bulli ist für Designer immer eine besondere Aufgabe und auch eine Herausforderung. Das liegt an der großen Tradition und auch an der großen Flexiblität des Konzepts. Natürlich haben wir von Beginn an den California bei der Multivan-Entwicklung mit bedacht und systematisch in das Designkonzept verwoben. Sehen Sie z.B. die große Panaromascheibe im Multivan und die Anordnung der Klimaanlage. Diese ist 1:1 die Vorbereitung für das Aufstelldach. Aufgrund der (aus unserer Sicht) weltweit einzigartigen großen Flexibilität insbesondere im Sitzkonzept, haben wir die Steilvorlage für den besten Cali aller Zeiten.
Camper Professional – Welche Vorteile bietet die Plattform, die auch in vielen Pkw-Modellen von VW genutzt wird?
Albert-Johann Kirzinger – Der California ist zum überwiegenden Anteil des Jahres ein „Alltagsfahrzeug“ . Wir bieten nun nicht nur Alltagsnutzen und soviel Multivan wie noch nie, sondern auch allen Fahrkomfort, UI-Connectivity und ein umfassendes Sicherheitskonzept – damit den besten Camper aller Zeiten.
Camper Professional – Der neue California hat ein komplett überarbeitetes Konzept im Vergleich zum Vorgänger. Was waren die Herausforderungen beim geplanten „Dreiraumkonzept“ auf der Multivan-Basis?
Albert-Johann Kirzinger – Eine der großen Stärken von VW ist, das Vorgängermodell stets zu verbessern. Genau das haben wir auch hier gemacht: Wir haben die Grundarchitektur beibehalten – die Küche bleibt auf der Fahrerseite, Sitze und Bett auf der Beifahrerseite. Die beliebten Eigenschaften des T6.1 wurden weiterentwickelt: Die Küche ist kürzer, sodass man nun auch auf der Fahrerseite aussteigen kann – das erhöht die Alltagstauglichkeit! Im Rechtslenkermarkt kann man jetzt auf der vom Verkehr abgewandten Seite aussteigen. Das Aufstelldach hat größere Fenster und Reißverschlüsse, die auch optisch ins Design passen. Da wir ständig online mit unseren Smartphones sind, bieten wir viele USB-C-Dosen zum Laden an. Die Küche ist von außen erreichbar. Das neue Camper-Bedienkonzept ermöglicht es, viele digitalen Funktionen ortsunabhängig zu steuern – sei es über das Anzeigebedienteil (ABT) in der Instrumententafel, das Camperbedienteil (CBT) in der C-Säule oder die California-App auf dem Smartphone.
Camper Professional – Welche typischen California-Merkmale sind unverändert und wurden übernommen?
Albert-Johann Kirzinger – Der ebene Ladeboden, das Schlafkonzept mit dem Aufstelldach und die mobile Arbeitsmöglichkeit bleiben erhalten. Die Küche bietet weiterhin die Funktionen Kochen, Spülen und Kühlen. Wir haben die Vierer- Sitzkonfiguration mit Tisch beibehalten. Weiterhin können zwei Personen unten und zwei oben schlafen. Auch die in der Heckklappe integrierten Campingstühle und der Camping-Tisch sind weiterhin vorhanden, ebenso der Außenwasseranschluss für eine Handbrause.
Camper Professional – VW bewirbt den neuen California mit dem „Dual-Use“-Konzept für Alltag und Reise. Was bedeutet das genau?
Albert-Johann Kirzinger – Der neue California ist ein idealer Begleiter für den (Büro-)Alltag und als flexibles, vielseitiges Ferienmobil. In sozialen Medien würde das als #workation und #premium #glamping beschrieben werden.
Camper Professional – Wie positioniert sich der neue California mit seinen Varianten?
Albert-Johann Kirzinger – Alle drei Versionen haben das Aufstelldach als gemeinsamen Nenner:
Beach: Einstiegsversion mit zwei Schlafplätzen oben. Als Tour gibt es zusätzlich zwei Schlafplätze unten und eine Camperbatterie, als Camper zusätzlich eine ausziehbare Heckküche.
Coast: Der Mittelweg zwischen Beach und Ocean. Festeingebaute Möbelzeile auf der. Die Sitze in der zweiten Reihe sind verschiebbar, und die Küchenzeile ist fest auf der Fahrerseite eingebaut. Enthält Zweitbatterie, Kompressor-Kühlbox und Gaskochfeld sowie Waschbecken und Außenwasseranschluss.
Ocean: Topmodell mit vier Schlafplätzen – zwei unten und zwei oben. Mit verschiebbaren Schlafsitzen, Komfortauflage, Standheizung, Dachstaukasten, ausziehbarem Kühlschrank (von innen und außen bedienbar) und einer Dusche. Diese Modellvariante wird von einem elektrohydraulischen Aufstelldach abgerundet.
Camper Professional – Der „Neue“ wird als innovativster California aller Zeiten betitelt. Was sind die wichtigsten Neuerungen?
Albert-Johann Kirzinger – Die auffälligste Neuerung sind die zwei Schiebetüren – das gab es bei den bisherigen
Cali-Generationen in den Modellen COAST und OCEAN noch nie! Dank der neuen Multitraktionsplattform ist durch die elektrische Hinterachse beim Hybridantrieb jetzt auch eine 4-Motion (Allradvariante) erhältlich.
Außerdem gibt es eine verschiebbare Mittelkonsole, die sich von der ersten bis zur letzten Sitzreihe erstreckt – das ist absolut neu! Die Sitze sind gewichtsoptimiert und die Dreiraumwohnung kann nach individuellen Wünschen konfiguriert werden. Das Aufstelldach hat trotz größerer Stirnfläche den gleichen Luftwiderstand, was auf eine gute Aerodynamik hinweist. Auch die Finnen am Heckfenster, die optisch die D-Säule verlängern, tragen zur aerodynamischen Optimierung bei. Zwei Campingstühle in der Heckklappe sind wie gewohnt vorhanden, und die Tische sowie der ausziehbare Kühlschrank können innen und außen genutzt werden.
Camper Professional – Wie sieht es mit dem Stauraum und den Lademöglichkeiten aus, da der California auf einen klassischen Kleiderschrank verzichtet?
Albert-Johann Kirzinger – Die Küche ist zweifarbig gestaltet, mit einer dunkleren Basis (inklusive integrierter und ausziehbarer Kühlbox) und einem helleren oberen Bereich. Dieser obere Staubereich bietet Platz für Kleidung und Küchenutensilien. Zudem gibt es spezielle Fächer für Unterwäsche und Basics, in die der Nutzer speziell entworfene Taschen im letzten Fenster einhängen kann.
Camper Professional – Home-Office und Workation sind aktuell im Trend. Ist der neue California dafür geeignet?
Albert-Johann Kirzinger – Absolut. WLAN-Hotspot einrichten und los geht’s. Es gibt einen großen und einen kleinen Tisch sowie ergonomisch anpassbare Sitze. Außerdem stehen 230V-Anschlüsse durch Wechselrichter oder Landstromanschluss zur Verfügung. Weitere Infos dazu finden sich in meinem Statement zu „Dual-Use“ weiter oben im Text.
Camper Professional – Was hat sich in puncto Umweltfreundlichkeit beim California getan?
Albert-Johann Kirzinger – Der California umweltfreundlicher geworden. Effizientere Antriebe tragen dazu bei. Der Plug- in-Hybridantrieb wird den New California im Alltag temporär zum Elektroauto machen. Die große
Effizienz der Kombination aus einer E-Maschine und einem Hightech-TSI (1.5 TSI evo2) ermöglicht zudem sehr große Gesamtreichweiten. Mit vielen Designoptimierungen haben wir dazu beigetragen die Aerodynamik zu optmieren.
Camper Professional – Eine private Frage: Sind Sie selbst mit einem Bulli unterwegs?
Albert-Johann Kirzinger – Ja, na klar! Design ist kein 9-to-5-Job. Es interessiert mich besonders, wie sich das Auto im Alltag bewährt. Ich nutze es täglich im „Business“-Gebrauch und auch in einem „Dual-Use“-Szenario. Der Multivan, den ich fahre, ist sowohl ein Business Shuttle und mobiles Büro als auch ein idealer Reisebegleiter für die ganze Familie in den Ferien.