Interviews mit Wohnmobilherstellern Zeitungsinterview

Bernhard Kibler, Dethleffs

Von Blau zu Rot – Bernhard Kibler CEO bei Dethleffs

Bernhard Kibler heißt seit dem 1. Juli 2022 der neue Vorsitzende der Geschäftsführung von Dethleffs. Camper Professional Deutschland hatte kurz nach seinem Amtsantritt die Chance mit ihm ein persönliches Gespräch zu führen und mit ihm über seine persönlichen Ziele und die des
Unternehmens zu sprechen.

Text Peter Hirtschulz

Dethleffs, als einer der bekanntesten deutschen Freizeitfahrzeug-Hersteller sowie eine wichtige Säule der Erwin Hymer Group (EHG) und integraler Bestandteil der THOR Industries Gruppe, bewahrt seine über 90-jährige Geschichte, geht aber entschlossen in Richtung Zukunft. Wie meistert Dethleffs eine der komplexesten und herausforderndsten Zeiten in der Geschichte der Wohnmobilbranche? Neben einer konsolidierten Produktion von traditionellen Caravans, Camper Vans und Reisemobilen ist das Unternehmen mittlerweile auch im Segment der Urban Camper bestens aufgestellt und arbeitet bereits seit Jahren an Fahrzeugen mit Elektroantrieb. Erst im letzten Jahr fuhr ein elektrisch angetriebenes Caravan-Gespann erfolgreich über die Alpen.

Camper Professional: Bernhard Kibler, zunächst Glückwunsch zur neuen Position. Vor dem Hintergrund des Wechsels von den Blauen (Hymer) zu den Roten (Dethleffs) hätten wir gerne getitelt „Ein Mann sieht rot“. Das würde aber nicht nur irritieren, sondern der Entscheidung und Ihrer Professionalität als Führungsperson nicht gerecht. Sie sind seit über 30 Jahren in der Branche, bisher beim oberschwäbischen Wettbewerber sowie der EHG direkt und jetzt als Vorsitzender der Geschäftsführung bei Dethleffs. Wie sind Ihre persönlichen Gefühle und was verbinden Sie mit dem neuen Job. Welche Ziele haben Sie?

Bernhard Kibler: Als Ex-Hymer-Mann ist es natürlich spannend zu Dethleffs zu kommen. Vermutlich kennen viele noch den sportlichen Wettbewerb, der zwischen diesen Marken herrschte. Inzwischen haben sich beide in eine jeweils eigene Richtung entwickelt. Ich habe den angesprochenen Wettbewerb immer als sehr positiv und antreibend empfunden. Beide Häuser mussten Höchstleistung bringen und waren somit auf jeglichen Wettbewerb vorbereitet. Dethleffs hat sich zu einem sehr erfolgreichen Vollsortimenter entwickelt.
Die Mannschaft dort beherrscht das äußerst gut. Alle meine Vorgänger –allen voran Alexander Leopold – haben hier einen brillanten Job gemacht. Ich treffe heute auf ein eingeschworenes Team mit einer starken und positiven Identifikation, das bereit ist, alles zu geben, um mit Dethleffs erfolgreich zu sein. Mit Thomas Bischofberger und Günther Wank habe ich zwei erfahrene Profis an meiner Seite, die den Dethleffs-Spirit voll verinnerlicht haben. Dethleffs ist ein Team mit hoher Identifikation, maximaler Flexibilität und hohen Ansprüchen, das fähig ist, die hohe Varianz eines Vollsortimenters erfolgreich zu beherrschen. Auch bei den Dethleffs-Händlern spürt man das deutlich. Sie sind Teil des Teams und fühlen sich auch so. Als Vertriebsmann kann man sich ob dieser Rahmenbedingungen nur glücklich schätzen. Es ist einfach, sich schnell und leicht zu identifizieren. Das ist und bleibt das Erfolgsrezept von Dethleffs.
Stichwort Ziele: Dethleffs als eine Toppmarke der Branche mit diesen Händlern, diesem Team, dieser Marktnähe und Flexibilität sowie dieser Erfolgshistorie muss den Anspruch haben, seine Marktposition weiter auszubauen und sich ganz oben im Markt zu etablieren.

Camper Professional: Haben Sie schon einen aktuellen Überblick über das Dethleffs-Portfolio?

Bernhard Kibler: Dethleffs ist eine Marke der Erwin Hymer Group, die 2019 von THOR Industries – dem weltweit größten Hersteller von Freizeitfahrzeugen – gekauft wurde. Produziert werden die Fahrzeuge im süddeutschen Isny und in Aichstetten, einem neuen Werk für Camper Vans und Urban Camper. Wir bieten ein komplettes Caravan-Sortiment an, vom Einsteiger- bis zum Premiummodell wie auch ein breites Reisemobil-Angebot. Wir sind stolz darauf, in Isny seit 2004 fast 60.000 Camper Vans produziert zu haben. Diesbezüglich darf ich auf unser umfassendes Know-how im Bereich der kompakten Reisemobile hinweisen. Mit unserer Marke Crosscamp bieten wir eine breite Palette an Urban Campern in Verbindung mit einem jungen und automobilen Auftritt, der sich auch in der Produktgestaltung wiederfindet. Aber wir konzentrieren uns nicht nur auf die Produktion, auch der Service ist ein wichtiger Aspekt unseres Angebots. Deshalb hat das Unternehmen viel in Serviceprozesse und Mitarbeiterschulungen investiert.

Camper Professional: Dethleffs war der erste, der 2017 das Konzept eines vollelektrischen Wohnmobils vorgestellt hat. Seitdem sind 5 Jahre vergangen, aber der Fortschritt scheint begrenzt. Ist dem so? Ist es ein technologisches Problem, ein Investitionsproblem oder ein Kostenproblem, das für den Endverbraucher noch zu hoch ist?

Bernhard Kibler: Das stimmt so nicht ganz. Seit 2017 haben wir bis 2019 jedes Jahr ein neues Modell mit Elektroantrieb vorgestellt. Gemeinsam mit unserem Partner der ZF Friedrichshafen AG haben wir die Entwicklung des E.Home-Caravan entscheidend nach vorne gebracht. Die Alpenüberquerung hat bewiesen was möglich ist. Dabei waren und sind die Erfahrungen aus unseren Konzeptfahrzeugen immens hilfreich. Es bleibt aber ein Spagat zwischen realisierbarer Technologie und Investitionskosten sowie Vermarktbarkeit. Aktuell sind aber die Reichweiten der E-Fahrzeug unserer Chassis-Lieferanten im Transporter-Bereich noch zu gering, um damit die Wünsche unserer Kunden erfüllen zu können.

Camper Professional: Der elektrische Caravan scheint der Kommerzialisierung näher zu kommen. Ist das ein richtiges Gefühl? Und was sind Ihre Pläne?

Bernhard Kibler: Wie gesagt, wir arbeiten seit Jahren an diesen Themen. Aktuell sind wir in der Planung eines seriennahen Prototyp 2. Es gibt aber noch einige Herausforderungen wie die nicht zu vernachlässigende zulassungsrechtlichen Voraussetzungen, die wir leider nicht wirklich beeinflussen können. Hier hilft der CIVD und natürlich Thor.

Camper Professional: Mit der Marke Crosscamp haben Sie als einer der Ersten das Konzept des Minivans (Urban Camper) eingeführt. Aber erst jetzt steigt Dethleffs mit dem GlobeVan in diesen Markt ein. Was sind die Erwartungen an dieses Marktsegment?

Bernhard Kibler: Wir reden von einem der am stärksten wachsenden Segmente, mit aus unserer Sicht weiter steigendem Potential. Gerade vor dem Hintergrund der vorhin angesprochen neuen Antriebstechnologien und allen damit verbundenen Herausforderungen wird sich klar der Trend zu kompakteren Fahrzeugen verstärken. Hinzu kommt, dass wir damit eindeutig den Zweitwagencharakter ansprechen und auch neue Zielgruppen erreichen. Dethleffs ist eine sehr breit aufgestellte Marke. Wir haben aber gute Erfahrungen damit gemacht, einen Schritt nach dem anderen zu machen und unsere Markteinführungen zu synchronisieren.

Camper Professional: Der Anstieg der Preise verschiebt die Zielgruppe der Kunden nach oben. Wie kann man Ihrer Meinung nach die Bedürfnisse derjenigen befriedigen, die nur über begrenzte wirtschaftliche Ressourcen verfügen?

Bernhard Kibler: Das ist leider richtig. Es ist aber auf der anderen Seite auch so, dass ich – zumindest im aktuellen Umfeld – nicht übertreibe, wenn ich sage, dass ein Freizeitfahrzeug neben dem Nutzungsgegenstand für eine sehr schöne Sache, auch gleichzeitig eine Kapitalanlage ist. Eine Betrachtung des Gebrauchtmarktes bestätigt dies. Trotzdem müssen wir uns Gedanken machen, wie wir weiterhin auch die von Ihnen angesprochenen Kunden mit begrenzter wirtschaftlicher Verfügbarkeit erreichen. Dafür arbeiten wir weiter an Skaleneffekten in Verbindung mit Straffungen im Produktprogramm und der Entwicklung neuer Fahrzeuge mit dem klaren Fokus auf das Wesentliche. Außerdem bauen wir parallel den Vermietbereich, gemeinsam mit McRent und unseren Händlern, weiter aus.

Camper Professional: Wie sieht es mit der aktuellen Lieferfähigkeit bei Dethleffs aus? Was kann der Handel von Dethleffs erwarten?

Bernhard Kibler: Bei der Lieferfähigkeit geht es uns leider gleich schlecht wie allen Marktteilnehmern. Trotz hoher Auftragsbestände ist unser Produktionsplanungshorizont extrem kurz. Nahezu wöchentlich müssen wir mit neuen Herausforderungen und Lieferverzögerungen von Zulieferteilen kämpfen. Die allergrößten Probleme bereitet uns allerdings die Chassis-Versorgung. Ohne Fundament können Sie ein Haus nicht bauen! Ohne Fenster können sie zumindest schon mal anfangen. Wir gehen davon aus, dass diese Situation sich leider noch einige Monate hinziehen wird. Wir bei Dethleffs haben noch den kleinen Vorteil, dass wir sehr flexibel in der Produktion reagieren können, weil wir bereits seit jeher mit vielen Chassis-Lieferanten zusammenarbeiten und uns so eine gewisse Flexibilität erhalten haben. Mit unserem breiten Caravan-Programm haben wir zudem eine sinnvolle Alternative. Trotzdem wäre es gelogen zu sagen, wir können jeden Händlerwunsch sofort erfüllen. Hin und wieder sind wir zu Stornierungen gezwungen. Die Tatsache, dass wir sehr transparent und offen kommunizierend damit umgehen, und unsere sehr enge sowie oftmals langjährige Beziehung zu unseren Händlern, schafft zumindest etwas gegenseitiges Verständnis in dieser paradoxen Situation.

Camper Professional: Allseits bekannt ist die Problematik, dass die Fahrzeuge, die sich aktuell in der Produktion befinden aufgrund von gestiegenen Rohstoff- und Komponentenpreisen teurer werden, als es der ursprüngliche Vertrag vorgesehen hat. Wie unterstützen Sie den Handel in diesem Bereich?

Bernhard Kibler: Eine nicht zu unterschätzende und unternehmerisch riskante Herausforderung die wir durch einen möglichst engen Draht und regelmäßige Kommunikation zu lösen versuchen. Unsere Händler erkennen dies als die wichtige Unterstützung. Oberste Priorität hat dabei, den Endkunden möglichst verlässliche Preise zuzusichern. Es gelingt uns, aufgrund der Geschwindigkeit wie sich die Rohstoffpreise verändern und der planerischen Unsicherheit (umso weiter man in die Zukunft schaut) nicht immer, dies zur vollen Zufriedenheit umzusetzen. Aber ich denke, dass es uns größtenteils gelungen ist, mit unseren Handelspartnern gemeinsam Lösungen zu finden. Und, wir haben in den vergangenen beiden Jahren genügend Erfahrung gesammelt, mit diesen neuen Herausforderungen immer besser umzugehen. Wobei es absolut keine Freude macht, gezwungenermaßen Liefermengen reduzieren zu müssen und ein vernünftiges, effizientes unternehmerisches Vorgehen definitiv anders aussieht. Wir und auch besonders ich sind uns bewusst, dass wir das Ganze nur gemeinsam mit den Händler schaffen werden.

Camper Professional: Was dürfen die Dethleffs Händler abgesehen von dieser Problematik im täglichen Geschäft von Ihnen erwarten?

Bernhard Kibler: Einen treuen, verlässlichen Partner, der sich durchaus bewusst ist, dass wir gute und zuverlässige Händler brauchen, um unsere Kunden auch in der Zukunft so zu betreuen, dass sie wiederkommen. Ich werde alles geben, für unsere Handelsbetriebe ein Partner zu sein, der bereit ist die Händler zu involvieren, um in eine gemeinsame, erfolgreiche Zukunft zu gehen. Auf der anderen Seite ist Dethleffs ein Partner, der im Rahmen einer funktionierenden Partnerschaft von seinen Händlern erwartet, dass sie ihren Teil dazu beitragen, indem sie zur Marke stehen, vorrangig ihr Gebiet betreuen und den Service weiter ausbauen.
Auf uns warten große Herausforderungen, aber auch sehr viele Chancen. Aus meiner langjährigen Erfahrung weiß ich, dass es beiderseits gut ist, Partner zu haben, mit denen man durch Dick und Dünn gehen kann. Dazu ist Dethleffs bereit und ich bin mir sicher, dass gerade die Dethleffs-Händler das auch so sehen.
Zum Abschluss möchte ich aber auch noch die Gelegenheit nutzen, und Ihnen zu Ihrem neuen Magazin und Format zu gratulieren. Sicher eine gute Sache, wenn es ein Magazin gibt, das sich speziell an den deutschen Caravaning-Handel richtet und sich mit den Themen des Handels beschäftigt. Ich wünsche dem ganzen Camper Professional Deutschland-Team viel Erfolg und bedanke mich, dass ich die Ehre habe, bei der Jungfernausgabe dabei sein zu dürfen.