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Fachkräftemangel – Für Nachwuchs sorgen

Der Fachkräftemangel – ein Buzzword, oder nicht? Kein Tag, an dem nicht davon irgendwo die Rede ist. Im gesamten Handwerk ist er längst schon angekommen. Ist eine Stelle frei, dauert es oft lange, sie neu zu besetzen. Noch schwieriger ist es beim Nachwuchs: Azubis sind rar geworden. Was können Betriebe tun, um motivierte junge Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen?

Text: Dr. Frauke Hewer. Fotos: CPD-Archiv

Die Gründe dafür, dass immer weniger Azubis zur Verfügung stehen, sind vielfältig. Offensichtlich ist der demographische Wandel. Die Babyboomer der Geburtsjahrgänge 1955 bis 1969, gehen jetzt und in den nächsten Jahren in Rente. Das sind insgesamt ungefähr 13 Millionen Arbeitskräfte, die dem Markt in Bälde verloren gehen werden. Es wachsen buchstäblich weniger junge Menschen nach als sich ältere aus dem Berufsleben verabschieden werden. Und diese wenigen Schulabgänger haben heute eine Vielzahl von Möglichkeiten. 324 Ausbildungsberufe und mehr als 20.000 Studiengänge sind weit mehr, als der einzelne überblicken kann. Ausbildungsbetriebe stehen also im Wettbewerb mit sehr, sehr vielen anderen Perspektiven, die sich den jungen Leuten eröffnen.

Betriebspraktika können helfen
Einen weiteren Punkt nennt Claudia Kefferpütz, Referentin Berufsbildung beim ZDK, dem Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe: “Angebot und Nachfrage stimmen nicht überein. Zum einen passen die angebotenen Azubi-Stellen oft nicht zu den Berufswünschen junger Leute, zum anderen gehen die Anforderungsprofile der Betriebe und die Qualifikation der Bewerbenden auseinander. Junge Menschen suchen sich oft Alternativen im Schul- beziehungsweise Hochschulbereich. Hier helfen aus unserer Sicht ganz klar Betriebspraktika, mit denen beide Seiten testen können, ob sie zueinander passen.“ Caravaningbetriebe buhlen zusammen mit vielen anderen Handwerksbetrieben um eine immer kleiner werdende Anzahl von potenziellen Bewerbern. Sie sind gegenüber ihren Wettbewerbern, zum Beispiel den großen Autohäusern, im Nachteil. Denn diese können aufgrund ihrer etablierten Markenpräsenz und Unterstützung durch die Automobilhersteller eine größere Anziehungskraft auf junge Menschen ausüben. Kleinere Betriebe dagegen haben oft Schwierigkeiten, sich als attraktive Ausbildungsbetriebe zu positionieren. Viele junge Menschen sind möglicherweise nicht ausreichend über die Chancen und Vorteile informiert, die eine Ausbildung in der Caravaningbranche bieten kann.

Azubi-Markt ist ein Bewerbermarkt
Außerdem haben kleinere Betriebe häufig kleinere finanzielle Ressourcen, um umfangreiche Ausbildungsprogramme oder attraktive Ausbildungsvergütungen anzubieten. Das kann potenzielle Azubis abschrecken, die nach einer finanziell stabilen Ausbildung suchen. Schließlich hat sich der Markt zu einem reinen Bewerbermarkt entwickelt. Die jungen Leute können sich ihren Ausbildungsbetrieb aussuchen. Die Situation in den Caravanbetrieben gleicht der im Kfz-Gewerbe. „Unsere Betriebe müssen sich bei den potentiellen Auszubildenden bewerben und nicht mehr umgekehrt“, sagt Claudia Kefferpütz. „Das bedeutet, dass wir wesentlich mehr Zeit und Kraft für die Azubi-Gewinnung aufwenden müssen. Angefangen bei der Kommunikation der Arbeitgeberattraktivität, also wer bin ich denn als Arbeitgeber und was biete ich, über die Nachwuchswerbung im Online- und Social Media-Bereich bis hin zu Live-Veranstaltungen vor Ort, wie zum Beispiel Nacht der Ausbildung, Azubi-Speeddating oder der Präsenz auf regionalen Ausbildungsmessen und Schulveranstaltungen. Hier kommt es auf einen auf die Zielgruppe und die Region gut abgestimmten Marketing-Mix an.“

Arbeitgeber-Marke aufbauen ist kein Kinderspiel
Probleme gibt es auch bei der Qualifikation der Betriebsinhaber in Bezug auf die Mitarbeitergewinnung für ihr eigenes Unternehmen. Einem selbstständigen Caravan-Unternehmer fällt es mitunter schwer, eine starke Arbeitgeber Marke aufzubauen, da er das nie gelernt hat und es eines erhöhten Zeitaufwands bedarf, um dies wirksam umzusetzen. In Kleinbetrieben fehlt dazu oft die Sensibilität zum Thema Eigenmarketing. Allein von Mund zu Mund Propaganda zu leben, reicht heutzutage nicht mehr aus. Um langfristig Personalproblemen entgegenzuwirken raten Experten Handwerksbetrieben, wöchentlich Eigenwerbung zu betreiben auf den vorhandenen Social Media Plattformen. Da gibt es für den Beginn einfache Möglichkeiten, die für jeden Unternehmer umsetzbar sind, ohne einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand zu haben. Personalgewinnung sollte zur täglichen Routine werden und muss in die täglichen Abläufe integriert werden und man sollte es nicht einfach bleiben lassen, weil es lästig ist. Sie beginnt nicht erst, wenn der faktische Bedarf da ist. Das langfristige Ziel eines jedem Unternehmers muss sein, Eigenbewerbungen zu erhalten und zwar ohne dass man Vakanzen ausgeschrieben hat.

Papier hat ausgedient
Die Frage ist nur: kann man heute noch Azubis so gewinnen, wie man es seit zwanzig oder dreißig Jahren gewöhnt ist? Nein, sind sich die Experten einig. Claudia Kefferpütz vom ZDK ist für einen gezielten Marketing-Mix aus Marken-Aufbau, einer attraktiven Unternehmens-Website, Social Media-Präsenz und Live-Veranstaltungen. Recruiting-Spezialisten empfehlen, die jungen Leute dort abzuholen wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten: an ihrem Handy. Mit Anzeigen auf Papier werden die wenigsten heute noch Auszubildende finden, um ihren Bedarf zu decken. Wirkungsvoller und zielgerichteter geht es über Social Media. Meta stellt mit Facebook und Instagram die aktuell meist genutzten Plattformen. Die Zielgruppe ist dort präsent und man kann sie erreichen. Aus Sicht von Recruiting Experten ist es ein absolutes Muss, über einen Account auf beiden Plattformen zu verfügen. Darüber hinaus gibt es weitere Plattformen, auf denen man aktiv werden sollte, zum Beispiel TikTok. Da kann man zwar keine Anzeigen schalten. Für den Markenaufbau in der Zielgruppe der unter 20-jährigen ist die Plattform aber inzwischen fast unverzichtbar. Wer ein gutes Händchen hat, kann diese Medien grundsätzlich allein bespielen, um wenigstens etwas wie eine elektronische Visitenkarte zu haben. Vielleicht gibt es ja auch einen Mitarbeiter, der sich hier gern hervortun möchte und sich auch in die Anzeigen-Schaltung einarbeiten möchte.

Es geht auch ohne Kosten
Es gibt auch komplett kostenfreie Möglichkeiten, die jeder Caravaningbetrieb nutzen kann. Die Zusammenarbeit mit Schulen kann einen ersten Kontakt zu Praktikanten bringen. Wichtig sei es, solche Kontakte zu halten, auch wenn sich das mal über Jahre hinziehen könnte. Und die Präsenz auf Ausbildungsmessen ist ebenfalls eine gute Gelegenheit, mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus können auch Stellenanzeigen bei der Agentur für Arbeit Bewerber bringen, genau wie auf der eigenen Website und auf den großen Job-Portalen. Eine Gruppe wird von vielen oft vergessen: die Berufsabbrecher. Das zeigt auch der Berufsbildungsbericht 2023, der auf Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) beruht. Dem Bericht zufolge betrug die Abbrecherquote bei Azubis zuletzt 26,7 Prozent. Das bedeutet, dass über ein Viertel der Einsteiger offenbar in ihrer Ausbildung nicht das finden, was sie sich erhofft hatten. Viele junge Leute stellen im Laufe ihrer Ausbildung fest, dass sie doch etwas anderes wollen. Das kann durchaus eine Chance sein.

Abbrecher sind ein Problem
Oft werden Ausbildungen abgebrochen, weil man sich schlicht im Unternehmen nicht gut aufgehoben fühlt. Und daran kann jeder Betrieb arbeiten, indem er für alle Mitarbeiter ein angenehmes Arbeitsklima schafft, auch für die Azubis. Dazu gehören einerseits attraktive Ausbildungsbedingungen wie zum Beispiel eine angemessene Ausbildungsvergütung, gute Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und die Aussicht auf langfristige Beschäftigungsmöglichkeiten. Wichtig ist darüber hinaus aber auch ein Klima, in dem zum Beispiel Raum für Fragen und Probleme ist und in dem sich der Ausbilder auch mal Zeit für Persönliches nimmt. Es macht übrigens bei der Azubi-Suche einen Unterschied, ob ein Betrieb auf dem Land oder in der Stadt einen neuen Auszubildenden braucht. Claudia Kefferpütz hat beobachtet, dass traditionelle Maßnahmen im ländlichen Bereich noch sehr gut funktionieren. So seien dort zum Beispiel Empfehlungen oder Kooperation mit Schulen und Berufsberatung vor Ort durchaus erfolgreich. Auch Stellenanzeigen in der regionalen Presse führen nach ihrer Beobachtung hier oftmals noch zum Erfolg. Im städtischen Bereich sieht es aber oftmals anders aus. Hier funktionieren Info-Screens in U-Bahn-Stationen, Social Media und Co. häufig besser als Anzeigen.

Nicht in der Masse untergehen
Nach ihrer Erfahrung gibt es bei klassischen Anzeigen oder großen Jobportalen hohe Streuverluste und man geht unter Umständen in der breiten Masse unter. Oftmals führen diese Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg. Bei der Nachwuchssuche sollte man eher auf Azubi-Portale setzen, die ausschließlich Ausbildungsberufe und -stellen veröffentlichen. Aber auch hier kann man mit seiner Anzeige untergehen. Genau an dieser Stelle schließt sich dann der Kreis zum Aufbau einer Arbeitgeber-Marke. Wer nicht in der Masse untergehen möchte, sollte wohl oder übel an seiner Marke arbeiten. Auch wenn es vielleicht hochtrabend klingt, aber auf lange Sicht wird an einer solchen Arbeitgeber-Marke kein Betrieb vorbeikommen. Denn alle Bewerber müssen sich unter einer Firma etwas vorstellen können, nicht nur die Azubis.

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