Interviews mit Wohnmobilherstellern Zeitungsinterview

Holger Siebert, Trigano

Ein gut bestelltes Haus

Die französische Trigano Gruppe ist einer der Big-Player im europäischen Caravaning- und Freizeitbereich. Trigano hat im Geschäftsjahr 2022 / 2023 mit insgesamt 27 Reise-mobil- und Caravanmarken 50.000 Reisemobile und 14.000 Caravans europaweit ver-kauft und erwirtschaftet mit 15 Reisemobilmarken in Deutschland einen Marktanteil von annähernd 20 % bei den Neuzulassungen.

Text: Claus-Detlev Bues

In Deutschland wird Trigano durch das „Trigano Haus“ in Sprendlingen vertreten. Geschäftsführer Dr. Holger Siebert managt dort neun Marken wie Eura Mobil, Forster, Karmann-Mobil, Benimar, Challenger, Chausson, Roller Team, Mobilvetta und Panama.

Camper Professional – Herr Siebert können Sie uns die Struktur und den aktuellen Status von Trigano Haus er-läutern?

Holger Siebert – Im Austausch mit unseren Kollegen innerhalb der Trigano Gruppe haben wir festgestellt, wie schwer wir uns im Ausland tun und wie schwer sich umgekehrt unsere ausländischen Schwestermarken in Deutschland tun: Sprache, Kundengeschmack, Käuferverhalten oder auch das Rechtssystem sind anders, und „Importeure“ agieren daher meist weniger effizient als inländische Anbieter. Vor diesem Hintergrund und mit der Erfahrung eines deutschen Herstellers und haben das „Projekt“ Trigano Haus gestartet. Dabei lag der Schwerpunkt von Anfang an auf dem After-Sales-Service, um das früher klassische Image von Marken aus romanischen Ländern zu widerlegen: „durchaus schön, nicht so teuer aber wehe wenn man einen Kundendienstfall hat“. Begonnen haben wir mit den Marken Challenger und Roller Team, um dann nach guten Erfahrungen und hohen Marktanteilssteigerungen noch weitere Marken hinzuzufügen. Neben unseren eigenen drei Marken Eura Mobil, Karmann-Mobil und Forster werden wir in der Saison 2025 dann noch sieben Trigano Haus Marken im Portfolio haben. Organisatorisch ist Trigano Haus eine Vertriebs- und Service-Einheit innerhalb der Eura Mobil GmbH. 31 Mitarbeiter – die meisten im Bereich Kundendienst mit Teiledienst und zwei Service-Werkstätten, aber auch Vertrieb, Marketing, Homologation und Händlerfinanzierung. Wir verkaufen über 10.000 Einheiten, was einem Marktanteil von deutlich über 10% entspricht.

Camper Professional – Wie sehen Sie die momentane Entwicklung der Branche in Deutschland?

Holger Siebert – Der Markt wird gerade schlecht geredet; ist er aber nicht. Von 25.000 Neuzulassungen ist er in den letzten Jahren auf über 70.00 gewachsen. Damit ist er nicht nur in absoluten Stückzahlen der größte in Europa, sondern auch im Verhältnis zu Bevölkerung und Wirt-schaftsleistung. Dies verdanken wir dem positiven Imagewandel von Caravaning, nicht zuletzt durch die langjährige Imagewerbung des Branchenverbandes CIVD. Aktuell haben wir nicht wirklich ein Nachfrageproblem. Vielmehr haben wir ein hausgemachtes Angebotsproblem: wir alle wollten immer mehr verkaufen und haben alle zu viel produziert. Ein Problem unserer Branche ist, dass die Markteintritts- und Wachstumsbarrieren sehr niedrig sind: verglichen mit Branchen wie Chemie oder Elektronik braucht es keine Milliardeninvestitionen, um neue Kapazitäten aufzubauen. Also haben die hohen Wachstumsraten gerade im Camper-Van Bereich neue Anbieter angelockt und etablierte Hersteller zum Kapazitätsaufbau motiviert. Damit ist der Markt – vor allem beim Camper-Van – aus dem Gleichgewicht geraten. Einer stabilen Nachfrage stand plötzlich ein viel größeres Angebot gegenüber. Und dann macht ein Markt, was ein funktionierender Markt macht: es gibt unverkaufte Bestände bei Händlern und Herstellern, Abverkaufsaktionen und sinkende Preise. Aber das Interesse an mobiler Freizeit ist dafinitiv da: die Kunden wollen kaufen. Dass der Kunde bei 25-30 Prozent höheren Preisen gegenüber 2019 genauer hinschaut und abwägt, ist ja normal.

Camper Professional – Was ist der Trigano-Plan bei einer sich abzeichnenden „Normalisierung“ des Marktes in Europa?

Holger Siebert – Wir reagieren auf die neue Marktsituation: das heißt, wir weiter an unserem guten Preis-Leistungs-Verhältnis arbeiten und teilweise die Preise auch nach unten anpassen. Dabei hilft es, dass Trigano schon immer ein Hersteller mit sehr hohem Kostenbewusstsein war. Unsere Kostenstruktur ist niedrig und unsere Finanzkraft hoch. Mit dieser hart erarbeiteten Kombination werden wir auch weiterhin ein sicherer Hersteller für Händler und Endkunden sein.

Camper Professional – Und die aktuelle Produktions- und Liefersituation bei Ihren Marken?

Holger Siebert – Die Produktion hat sich glücklicherweise normalisiert. Die Liefersituation hängt vom Produkt ab. Kundenspezifizierte Fahrzeuge haben einen Vorlauf von 3-6 Monaten, Stan-dard-Fahrzeuge können auch schneller verfügbar sein. Camper Vans sind am Markt in großer Auswahl sofort verfügbar.

Camper Professional – Wie trifft der Fachkräftemangel auch den Handel der Trigano-Marken in Deutschland?

Holger Siebert – Wir Hersteller fordern einen qualifizierten Handel, und da müssen wir natürlich auch helfen, wo wir können. Der Branchenverband CIVD hat den neuen Ausbildungsberuf des „Caravan-Technikers“ auf den Weg gebracht (offiziell: Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker mit Fachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik). Eura Mobil hat dies stark unterstützt und heute bereits sechs Azubis, wodurch eine Ausbildung in Ingelheim bei Mainz möglich wurde. Hierzu haben wir alle Händler aus Rheinland-Pfalz eingeladen unabhängig von Ihren Hersteller-Marken.

Camper Professional – Viele Handelsbetriebe sind im Moment durch Kaufzurückhaltung und hohe Lagerbestände in akuten Schwierigkeiten. Wie sieht das bei den Marken von Trigano Haus aus?

Holger Siebert – Diese Situation betrifft natürlich auch unsere Handelspartner. Wir untersützen sie beim Abbau ihrer Hofbestände mit Abverkaufshilfen. Genauso sind wir in engerem Kontakt mit den Einkaufsfinanzierern, um zu helfen. Aber generell ist es unser Ansatz, unsere Handelspartner nicht mit Gewalt „vollzustellen“. Leider haben nicht alle Hersteller diesen Ansatz.

Camper Professional – Stichwort Händler-Struktur. Trigano hat in den letzten Jahren besonders in Frankreich und UK Handelsbetriebe und Handelsketten aufgekauft. Ist das ein Händler-Modell auch für Deutschland?

Holger Siebert – Die Händlerstruktur ist in jedem Land anders. In Deutschland gibt es nach wie vor sehr viele – auch kleinere – Caravan und Reisemobil Händler; ähnlich wie in Italien. In anderem europäischen Ländern ist, wie bei Automobilvertrieb, die Konzentration höher. Es gibt Händlergruppe mit drei, vier aber auch bis zu 20 Stationen. Trigano hat vor einigen Jahren mit dem Kauf von SEA (Marken: Mobilvetta, Elnagh, Mc. Louis) auch deren englische Tochtergesellschaft Marquis übernommen. So wurde man über Nacht zu Händler-gruppen-Inhaber. Später wurde in Frankreich eine Gruppe von Händlerbetrieben übernommen, die heute unter der Marke Libertium agieren. Ähnliche große Handelsgruppen gibt es in Deutschland nur in sehr kleiner Anzahl. Und: einen Handelsbetrieb erfolgreich zu führen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die anders ist als die eines Herstellers.

Camper Professional – Trigano-Politik war lange Zeit externes Wachstum durch Zukauf von relevanten Marktteilnehmern. Obwohl in Europa die Monopol-Kommission sicher auf Trigano ein wachsames Auge hat, sind weitere Übernahmen bei Trigano oder zusätzliche Marken bei Trigano Haus für Deutschland geplant?

Holger Siebert – Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Trigano als mit Abstand größter europäischer Hersteller kann kartellrechtlich nicht mehr durch Übernahme direkter Mitbewerber wach-sen. Die Hinzufügung von Marken bei Trigano Haus ist eine andere Sache: hier haben wir heute neun Marken und werden mit der Hinzufügung von Notin ab dem 1. September zehn Marken vertreiben. Da stellt sich eine ganz andere Frage. Kann man so viele Marken noch gut führen? Auf der einen Seite stehen die Synergien, die allen Marken helfen. Auf der anderen Seite brauchen wir einen gesunden Egoismus der Vertriebskollegen der einzelnen Marken, um nicht in die Passivität von Großbetrieben zu fallen.

Camper Professional – Steht man in Ihrem Haus nach wie vor zum System der großen Verkaufsmessen in Deutschland und Europa?

Holger Siebert – Die Messen sind eine gute Gelegenheit, unsere Produkte und unsere Leistungsfähigkeit zu zeigen. Aber: die Messen sind extrem kostenintensiv. Unter den Marketingkosten sind sie mit weitem Abstand der größte Brocken. Aktuell glauben wir, dass sich das Verhältnis von Ertrag zu Aufwand noch rechnet. Aber dies muss nicht immer so bleiben. Bei Trigano Haus haben wir ein „Regionalmesse-Konzept“, was ermöglicht hat, dass auch kleinere Marken im Verbunde eine Messe bespielen konnten, was alleine nicht möglich gewesen wäre. In den letzten 2 Jahren haben wir einzelne Regionalmesse reduziert und einige komplett gecancelt.

Camper Professional – Focus Produkte – Green Deal im Trigano Haus. Wie wird das Thema Nachhaltigkeit und eine eventuelle Transformation auch in Richtung E-Mobilität gesehen?

Holger Siebert – Nachhaltigkeit ist eine Eigenschaft, die unsere Kunden erwarten und die auch immer mehr junge Mitarbeiter von uns fordern. Dem stellen wie uns, nicht zuletzt auch aus ei-gener Überzeugung. Nachhaltigkeit muss nicht sofort E-Mobilität bedeuten. Es gibt genügend andere Dinge beim Produkt und beim Herstellungsprozess, wo wir nachhaltiger agieren können und wollen. E-Mobilität wird sicher kommen. Wann und in welcher Form ist selbst heute immer noch unklar. Wir werden uns darauf einstellen.