E-Mobilität beim Caravaning: Volkswagen greift an
Volkswagen Nutzfahrzeuge engagiert sich verstärkt mit Basisfahrzeugen im Caravaningbereich und hat mit namhaften Reisemobil-Herstellern weitreichende Kooperationsverträge abgeschlossen. Auch das für VW wichtige Thema E-Mobilität wird von der Transporter-Schmiede aus Hannover mit neuen Produkten in die Caravaningbranche eingebracht. Wir haben mit Lars Krause, Markenvorstand für Vertrieb und Marketing von Volkswagen Nutzfahrzeuge über die Entwicklungen im Caravaningbereich gesprochen
Text: Claus-Detlev Bues
Lars Krause startete seine berufliche Laufbahn bei McKinsey. Von 2005 bis 2009 war er bei Volkswagen in verschiedenen Führungsfunktionen tätig, zuletzt als Produktlinienleiter der Baureihe „Fullsize“. Nach Stationen bei Thyssen Krupp war er CEO der WISCO Tailored Blanks-Gruppe, bevor er 2017 bei Volkswagen Nutzfahrzeuge die Leitung des Produktmanagements und der Strategie übernahm.
Markenvorstand für Vertrieb und Marketing, seit 1. Juli 2021
Camper Professional: Volkswagen setzt so konsequent wie kein anderer traditioneller Autohersteller auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Das E-Auto für alle – das ist der Kern der E-Offensive. Gilt das auch für den Bereich Nutzfahrzeuge?
Lars Krause: Die Elektrifizierung unserer Fahrzeugflotte ist wichtiger Bestandteil unserer Unternehmensstrategie GRIP 2030. Bis zum Ende der Dekade wollen wir mehr als 55 Prozent unseres Portfolios elektrifizieren. Der ID. Buzz ist unser großer Schritt auf diesem Weg. Gleichzeitig wird es aber Anwendungsbereiche für Nutzfahrzeuge, wie auch Regionen auf der Welt geben, in denen moderne Verbrenner-Fahrzeuge ihren Platz haben werden.
Camper Professional: Auch die Fahrzeughersteller sind von den Problemen in den Lieferketten stark betroffen. Wie sieht es nach der Markteinführung mit der Lieferfähigkeit für den ID-Buzz aus?
Lars Krause: Noch bevor unsere neue vollelektrische Ikone bei den Händlern steht haben wir bereits über 18.000 ID. Buzz verkauft – zu gleichen Teilen Cargo-Versionen und ID. Buzz Pro. Das ist ein tolles Ergebnis. Wir gehen von einem weiteren Push aus, sobald die Fahrzeuge in den Showrooms unserer Händler stehen. Wir versuchen alles, dass wir die Stückzahlen in der Produktion hochfahren können und haben natürlich auch einen Fokus auf den ID. Buzz. Aber die Situation in verschiedenen Bereichen der Lieferkette bleibt herausfordernd und verändert sich fast täglich.
Camper Professional: Der ID Buzz als rein elektrischer Kult-Bulli feierte seine Messe-Premiere vor der IAA 2022 auf dem Caravan Salon in Düsseldorf und Volkswagen Nutzfahrzeuge hat jüngst strategische Partnerschaften mit Reisemobilherstellern wie Knaus und Hobby im Verbrennerbereich abgeschlossen. Sind die Kooperationen im Caravaningsegment auch für ID Buzz und den E-Bereich geplant?
Lars Krause: Wir sind im ständigen Austausch mit unseren bestehenden und zukünftigen Reisemobil- Partnern. Kürzlich haben wir bei einer Veranstaltung mit Medien in Kopenhagen zum Beispiel eine Lösung von QUQUQ gezeigt, die als Küchenbox mit Kocher sowie einem robusten faltbaren Bett den ID. Buzz innerhalb von Minuten zum Camper werden lässt. Die Box wird in Kürze über Volkswagen Zubehör angeboten werden. Sollte es zu weiteren strategischen Partnerschaften kommen, geben wir dies zum gegebenen Zeitpunkt bekannt.
Camper Professional: Mit den ID Modellen hat Volkswagen ein neues Vertriebskonzept vorgestellt, Kunden können direkt bei VW kaufen, der Handel bleibt weiter eingebunden. Gilt das Konzept auch für den neuen ID Buzz?
Lars Krause: Das Agenturmodell ist essentiell, um ein zeitgemäßes und durchgängiges Kundenerlebnis zwischen On- und Offline-Welt sicher zu stellen. Daher bietet es dem Handel und dem Hersteller nachhaltig die beste Zukunftsperspektive. Es wurde bereits erfolgreich und mit Zustimmung aller Partnerbetriebe bei den Marken.
Volkswagen Pkw und CUPRA in Deutschland führt. Uns ist wichtig, die Umsetzung des Agenturmodells auch bei beim ID. Buzz zum Erfolg zu führen. In den kommenden Wochen wird es dazu weiteren Austausch mit dem deutschen Händlerverband geben.
Camper Professional: ID Buzz – Made in Germany, made in Hannover und das angestrebt mit klimaneutraler Produktion. Plan oder Realität?
Lars Krause: Der Bulli kommt aus Hannover. Das gilt auch für den ID. Buzz und den ID. Buzz Cargo. Wir fahren die Produktion aktuell hoch. Unsere Produktionskapazitäten in Hannover sind auf 130.000 Fahrzeuge ausgerichtet.
Wir planen ab 2024 mit diesen Stückzahlen aus Hannover. Mit Sondermaßnahmen können es nochmal 20.000 mehr werden. Darin sind auch die Fahrzeuge mit dem langen Radstand für die USA und Europa enthalten – diese Version stellen wir im kommenden Jahr vor. Und für den ID. Buzz und den ID. Buzz Cargo gilt: Alle Fahrzeuge werden bilanziell CO2-neutral an die Kundinnen und Kunden übergeben. So wie bei allen Fahrzeugen aus der ID.-Familie.
Camper Professional: Was passiert, um aus dem klassischen Transporter-Werk in Hannover eine „e-factory“ wie Zwickau Emden oder Dresden für Produkte wie den T7 Plug-in-Hybrid, e-Crafter und ID Buzz zu machen?
Lars Krause: Hannover ist auf dem Weg zur „Smart Factory“. Und das müssen wir auch, denn die Komplexität in unserem Werk war nie so hoch wie heute. Alleine die Variantenvielfalt des T6.1, als Transporter, Caravelle oder California, ist schon enorm. Jetzt sind mit dem neuen Multivan und dem ID. Buzz noch weitere Fahrzeuge auf anderen Plattformen und anderen Antrieben in die Fabrik gekommen. Und teilweise werden diese auf einer Linie gefertigt. Das erfordert eine hoch-qualifizierte Belegschaft. Wir haben in der Produktion unsere Automatisierungs- und Digitalisierungsstrategie stark vorangetrieben. Ein Beispiel: Im den neuen Karosseriebauten haben wir einen Automatisierungsgrad von bis zu 93 Prozent erreicht. Die Daten werden in Echtzeit analysiert und beispielsweise über eine Smartwatch direkt an die Facharbeiter*innen gemeldet. Teure Stehzeiten der Anlagen werden so deutlich minimiert. Info: Den e-Crafter produzieren wir in unserem Werk in Września.
Camper Professional: Die Elektro-Offensive von Volkswagen erfordert ja nicht nur den „Hardware“-Umbau sondern auch eine Elektro-Offensive bei den Mitarbeitern und für die Zukunft auch in der Ausbildung. Wie ist Volkswagen Nutzfahrzeuge da aufgestellt?
Lars Krause: Während der Anläufe haben wir 5000 Beschäftigte in der Fabrik erfolgreich für die Fertigung der neuen Fahrzeuge qualifiziert und auch unsere Ausbildungsberufe den neuen Aufgaben angepasst. Wir bieten in Hannover unter anderem die Ausbildung zum Mechatroniker für System- und Hochvolt-Technologie an. Zusätzlich investiert VWN noch einmal 21 Millionen Euro bis zum Ende des Jahrzehnts in die Qualifikation von Zukunftskompetenzen.
Camper Professional: Wird VWN den ID Buzz wie seine Transporter-Kollegen T6.1 und Crafter auch im Caravaning- Bereich zum Aus- und Aufbau von Reisemobilen anbieten?
Lars Krause: Grundsätzlich bieten wir alle unsere Fahrzeuge unseren Partnern aus dem Reisemobilsegment an. Auf der IAA Transportation haben wir gezeigt, welches Potenzial in dem ID. Buzz und dem ID. Buzz Cargo auch für Aufbauhersteller steckt. Nicht nur auf unserem Stand als Notarztfahrzeug oder mit Kofferaufbau, auch auf anderen Ständen waren viele clevere Ideen auf Basis des ID. Buzz ausgestellt wie etwa eine mobile Kaffeebar.
Camper Professional: Und was echte Bulli-Fans natürlich interessiert: Kommt der VW ID Buzz auch irgendwann als Buzz California?
Lars Krause: Die Entwicklungsarbeit am ID. California hat begonnen, das nächste Modell aus der California-Reihe ist allerdings nicht der ID. California, sondern ein Nachfolger des California 6.1. Mehr Details dazu wird es im kommenden Jahr geben. Für den ID. Buzz bietet Volkswagen Zubehör jetzt schon das erwähnte Campingpaket vom Anbieter QUQUQ mit Heckküche und Bett an.