Interviews mit Wohnmobilherstellern Zeitungsinterview

Nicolas Rousseau, Rapido-Gruppe

Wachstum mit Augenmaß

Die französische Rapido-Gruppe ist ein Familienunternehmen mit solider Basis und rangiert umsatztechnisch in Frankreich als Hersteller auf Nummer zwei und in Europa auf Platz 4. Rapido setzt als Vollsortimenter auf organisches Wachstum und hat zwischen 2016 und 2019 strategisch geschickt seine Marktposition mit dem Zukauf von vier Unternehmen ausgebaut. Im Jahr 2020 hat Nicolas Rousseau die Leitung der Rapido-Gruppe übernommen. Wir haben den jungen Chef zur Entwicklung der Gruppe befragt.

Text: Claus-Detlev Bues

Camper Professional – Herr Rousseau, Sie sind seit vier Jahren Geschäftsführer und haben die Nachfolge Ihres Vaters angetreten. Können Sie uns die Rapido-Gruppe kurz vorstellen?

Nicolas Rousseau – Das Unternehmen besteht seit 75 Jahren und wurde in den 50er Jahren von meinem Großvater und seinem Faltcaravan gegründet. Mein Vater war maßgeblich an der Entwicklung der Rapido-Gruppe, wie wir sie heute kennen, beteiligt. Ich bin 2014 eingestiegen und wir haben zwischen 2016 und 2019 vier Unternehmen übernommen und viel in neue Fabriken und Kapazitäten investiert. Die Rapido Gruppe ist umsatztechnisch der zweitgrößte Hersteller in Frankreich und der viertgrößte in Europa.

Camper Professional – Wie sehen Sie aus der Sicht von Rapido die aktuelle Entwicklung der Caravaningbranche in Europa?

Nicolas Rousseau – Ich denke, die Branche hat in Bezug auf die Produkte enorme Fortschritte gemacht, Design und Komfort. Ich glaube, dass die neuen Reisemobil-Generationen das Gefühl des komfortablen Zuhauses auf Rädern vermitteln. Es ist uns gelungen, in der COVID-Zeit neue Kunden zu erreichen und vielen Menschen das Caravaning schmackhaft zu machen. Das Nomadentum wird trendy, das „Do-it-yourself“, die „gewollte Abstinenz“ von Tablets und Handys wird auch trendy, ebenso wie mobile Sport-Urlaube und langsamer „Slow“-Tourismus. Ich glaube, dass Camping viele einfache und gute Werte vermittelt, in denen sich viele Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten finden können. Wir müssen die Entwicklung von Infrastrukturen in ganz Europa mit mehr Servicebereichen, besserem Image der Wohnmobile in Stadt und Land forcieren. Die Industrie mit Zulieferern, Herstellern, Händlern, Fahrgestelllieferanten sollten zusammenarbeiten, um den Wohnmobil-Kunden ein besseres Image der Branche zu vermitteln.

Camper Professional – Ist die Versorgungskrise nach der COVID vorbei? Wie haben Sie diese schwierige Zeit überstanden und welche Lehren haben Sie daraus gezogen?

Nicolas Rousseau – Wir mussten uns und unsere Organisationen in Bezug auf die Arbeitnehmer anpassen. Wir haben Produkte auf neuen Basisfahrzeugmarken entwickelt, wie viele andere Hersteller auch. Auf der Angebotsseite haben wir gelernt, lokaler zu arbeiten, wir haben neue Lieferanten aufgespürt und wir haben insbesondere sichergestellt, dass die Lieferkette durch unserer starke Einkaufsabteilung von der Dynamik einer Gruppenorganisation profitiert.

Camper Professional – Rapido nähert sich mit 65 Jahren dem Rentenalter…Aber gibt es mit einem jungen Team und jungen Designern einen frischen Wind in Mayenne?

Nicolas Rousseau – Wir sind stolz darauf, eine 65 Jahre alte Marke zu sein, stolz auf unsere Mitarbeiter die seit 20, 30 Jahren für uns arbeiten. Von diesen erfahrenen Fachkräften und ihrem Know-How zu profitieren ist der Schlüssel für Qualität, Design und Funktionalität unserer Produkte.

Camper Professional – Was sind die aktuellen Referenzmärkte von Rapido?

Nicolas Rousseau – Wenn Sie mit Rapido die Marke Rapido selbst meinen, Frankreich, Deutschland, England und Schweden sind unsere Hauptmärkte.

Camper Professional – Rapido-Reisemobile sind unter anderem für ihre gemütlichen Innenräume und ihr angenehmes Ambiente bekannt. Was macht die DNA eines Rapido-Reisemobils aus?

Nicolas Rousseau – Mein Großvater war ein Tischler, das Design zusammen mit einer robusten und gemütlicher Einrichtung liegt in unserer DNA. Wir verwenden immer noch Massivholzleisten, die handgefertigt werden und unter dem Markennamen Nacarat Ambientes von uns produziert werden. Die Qualität unseres Sperrholzes, die Dicke unserer Wänden und Platten bringen das Gefühl einer robusten und langlebigen Qualität unserer Fahrzeuge. Wir nehmen uns sehr viel Zeit im Produktmanagement, wir implementieren die neuesten Technologien in unserer Holzwerkstatt, um die Qualität unseres Möbelbaus ständig zu verbessern. Denn Qualität und Design unterscheidet Rapido von anderen Marken. Bei einem Rapido Ambiente versuchen wir immer, elegant, warm und gemütlich zu sein, mit mit einem Gefühl von Robustheit und Qualität ohne dabei die Funktionalität zu vergessen.

Camper Professional – Viele Hersteller produzieren derzeit zu viel und die Höfe der Händler sind voll mit unverkauften Fahrzeugen. Wie ist Rapido aufgestellt?

Nicolas Rousseau – Wir produzieren nur, was an Händler und Endkunden verkauft wird, wir haben nicht überproduziert wie viele andere Hersteller mit Hunderten oder Tausenden unverkauften Einheiten. Wir sind keine Aktiengesellschaft oder börsennotiertes Unternehmen und dies ist ein grundlegender Unterschied in der der Art und Weise, wie wir das Unternehmen führen. Wir arbeiten langfristig und wir haben keine Aktionäre, denen wir Bericht erstatten und Dividende zahlen müssen.

Camper Professional – Rapido hat bisher eine solide Unternehmenspolitik ohne aggressive Wachstumsfantasien verfolgt. Was sind Ihre strategischen Überlegungen für die einzelnen Marken?

Nicolas Rousseau – Ich glaube, ich habe Ihre Frage oben beantwortet, mit dem langfristigen nachhaltigen Wachstum eines Familienunternehmens, Wir sind kein börsennotiertes Unternehmen, das auf jeden Fall ein Wachstum und Wachstum für die Aktionäre produzieren muss, egal was passiert. Wir haben eine Leidenschaft für das Produkt Reisemobil, und das ist es, was uns an unserem Job am meisten Spaß macht. Marken sind wie ein Wertindex für Kunden, ich glaube fest an den guten Ruf unserer Marken.

Camper Professional – Als Vollsortimenter haben Sie der Kastenwagenmarke Dreamer eine weitere Marke für Urban Camper, die Marke City, hinzugefügt. Ist das in der aktuellen Marktsituation eine gute Entscheidung?

Nicolas Rousseau – Als Vollsortimenter müssen wir das wichtige Segment Urban Camper im Programm haben. Nehmen wird mal den Urban Camper Citycamp: Dieses Produkt ist alltagstauglich und multifunktional. Es kann eine Dreier-Sitzbank oder bis zu vier Einzelsitzen haben, hat zwei Schiebetüren und eine elektrische Kühlbox die für Picknicks oder zu Hause genutzt werden kann. Der Citycamp wurde gemeinsam von Westfalia- und Rapido-Teams entwickelt und wird in Rheda-Wiedenbrück in Deutschland produziert. In dem Werk wo wir den Ford Nugget und den Mercedes Marco Polo herstellen. Wir werden ein Produkt in Automobilqualität liefern und werden in der Lage sein, ordentliche Stückzahlen zu produzieren. Das Segment der Urban Campers wird immer wettbewerbsfähiger werden, und mit unseren Marken, unserem Know-How und unseren Fabriken wollen wir an der Spitze mitspielen.

Camper Professional – Thema Westfalia und Roadtrek. Der US-Markt schwärmt immer noch von Westfalia Reisemobilen. Gibt es nach wie vor Pläne, mit Westfalia auf den amerikanischen Markt zu expandieren?

Nicolas Rousseau – Wir haben erst letztes Jahr die Marke Westfalia in Nordamerika mit dem Äquivalent des Columbus 640E ein erstes Fahrzeug eingeführt. Wir arbeiten derzeit an der Entwicklung von zwei weiteren Westfalia-Modellen für Amerika.

Camper Professional – Der Kundendienst, Service und allgemein das After Sales-Geschäft wurde in Boom-Zeiten von vielen Handelsbetrieben stark vernachlässigt. Wartezeiten wie beim Facharzt waren an der Tagesordnung. Ist das Vertriebs- und Servicenetz immer noch ein wichtiges Element in der Geschäftsstrategie von Rapido?

Nicolas Rousseau – Dies ist natürlich ein wichtiger Aspekt unserer Geschäftsstrategie. Wir wählen unsere Händler auch mit Hinblick auf den Service aus und wir schaffen eine enge Verbindung mit ihrem technischen Persona, um sie so gut wie möglich zu unterstützen. Natürlich können wir immer besser werden, dazu werden weiter in Personal investieren, vor allem für Deutschland, einen Markt, den wir gerne weiter ausbauen möchten.

Camper Professional – Wie sehen Sie die Entwicklung von Elektrofahrzeugen bei Rapido: sollte man das so lange wie möglich aufschieben oder sind neue Szenarien denkbar?

Nicolas Rousseau – Wie Sie wissen, sind wir in dieser Hinsicht von den Fahrgestellherstellern abhängig, die an der Entwicklung elektrifizierter Basisfahrzeugen arbeiten. Ich schätze, dass praxisgerechte Fahrzeuge für die Caravaningbranche nicht vor 2027/2028 auf den Markt kommen werden. Wir sind definitiv auf dem Weg zu einer Verkehrswende hin zu alternativen Energie. Elektrifizierte Wohnmobile werden kommen aber das wird nicht so passieren wie wir es uns jetzt vorstellen und es wird vor allem mehr Zeit brauchen. Ich persönlich bin der Meinung, dass Wasserstoff gut zu unseren Produkten passt, da er eine einfache Nutzung durch problemloses und schnelles Tanken ermöglicht. Toyota hat einen einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor entwickelt, der die CO2-Emissionen um 90 % senkt. Wir befinden uns bei diesen neuen Technologien noch in einem frühen Stadium. Die Nutzung und der Preis werden die Schlüsselelemente für unsere Kunden sein.

Camper Professional – Noch eine private Frage: Machen Sie überhaupt Familienurlaub mit dem Wohnmobil?

Nicolas Rousseau – Ja, jedes Jahr für ein paar Tage, letzten Sommer waren wir zehn Tage in einem kompakten, voll ausgestatteten integriert Rapido C55i in der Schweiz. Es gibt nichts Besseres, als sich mit so einer Tour in die Lage seiner Kunden zu versetzen.