Interviews mit Wohnmobilherstellern Zeitungsinterview

Prisco Vicidomini, Luano Camp

Italienisches Lebensgefühl, europäisches Tempo

Camper Professional Deutschland hat Prisco Vicidomini interviewt. Er ist der kaufmännische Leiter von Luano Camp Srl, dem Hersteller der Fahrzeuge der Marken Rimor und XGO, die seit 2015 zur Trigano-Gruppe gehören

Text: Antonio Mazzucchelli – Foto Enrico Bona

Prisco Vicidomini begann seine Karriere bei Autocaravans Rimor (heute Luano Camp) vor 16 Jahren als Vertriebsleiter für ausländische Märkte. Später wurde er Exportleiter und 2015 kaufmännischer Leiter. Heute kümmert sich Vicidomini um alle Märkte und alle Marken des Geschäftsbereichs. In Frankreich wird er von einem Verkaufsleiter unterstützt, der das Netzwerk weiter ausbaut. Luano Camp ist ein mittelständiges Unternehmen mit Sitz in Poggibonsi. Es gehört zur französischen Trigano-Gruppe mit einer Jahresproduktion von etwa 3.600 Einheiten und durchschnittlich 16 Fahrzeugen pro Tag unter den Marken Rimor und XGO, wobei letztere nur in Italien und Deutschland vertrieben werden. Darüber hinaus produziert Luano Camp auch Reisemobile für die Marke Ahorn hauptsächlich für den deutschen Markt.

Camper Professional: Sie vertreten nur eine Geschäftseinheit innerhalb des Trigano-Konzerns, wie hoch ist Ihre unternehmerische Unabhängigkeit?

Prisco Vicidomini: Die Trigano-Gruppe verwaltet ihre Marken unabhängig, aber koordiniert zwischen allen Geschäftseinheiten. Es gibt eine starke Zusammenarbeit: Jede Einheit entscheidet, wie sie ihr Produkt weiterentwickelt und legt die Handelsstrategien für jedes Land fest. Das geschieht aber innerhalb einer zentralen Koordination von Trigano, welche die komplexen Anforderungen, die sich aus den verschiedenen Marken in diesem Sektor ergeben, verwaltet und steuert. Wir sind also frei, unsere Marken im Rahmen einer Koordination zu organisieren, aus der sich nur positive Aspekte ergeben. Wir versuchen immer stärker zusammenzuarbeiten und dem Kunden (sei es Händler oder Endkunde) die besten Möglichkeiten innerhalb der Trigano-Kompetenz zu bieten, zum Beispiel bei der Ausrichtung von Ausstellungen oder Messen. Wir sprechen, diskutieren und versuchen, das Beste aus den Besonderheiten jeder Marke zu machen.

Camper Professional: Welches sind Ihre Referenzmärkte in Europa?

Prisco Vicidomini: Deutschland ist klar der Bezugspunkt, denn mit dem Vertrieb von zwei Marken, XGO und Rimor sowie der Produktion von Fahrzeugen für die Marke Ahorn, fließt ein großer Teil unserer Produktion nach Deutschland. Als Marke Rimor ist unser Referenzmarkt Frankreich: Wir sind dort stark gewachsen. Mit 55 Handelsbetrieben haben wir in einem komplexen, dynamischen und schnellen Markt viel erreicht. Nach der Krise, die uns zur Trigano-Gruppe geführt hat, haben wir begonnen, den Markt in Italien wieder aufzubauen. Dort vertreiben wir – im Gegensatz zu der Strategie in Deutschland – Rimor und XGO als sich ergänzende Marken. In Italien und in Deutschland haben wir vor, uns weiter zu strukturieren. Wir versuchen, eine Situation zu erreichen, in der die Händler eigene Kontaktpunkte und Ansprechpartner für das jeweilige Land haben werden. Im Moment haben wir alles zentralisiert, aber mit einem immer dynamischeren Markt, planen wir verstärkt regionale Strukturen in den jeweiligen Ländern. In der Vergangenheit gab es kein differenziertes Angebot in den einzelnen Ländern von uns, aber im Laufe der Zeit werden wir das Angebot gezielt entsprechend den Bedürfnissen der einzelnen Länder strukturieren. Selbst in einem aufstrebenden Markt wie dem englischen haben wir damit begonnen, ad hoc landesspezifische Grundrisse mit den vom Kunden gewünschten Eigenschaften zu entwerfen. Für alle Länder verwenden wir den Fiat Ducato und Ford Transit als Basisfahrzeug. In Frankreich, Italien und Spanien verwenden wir auch den Renault Master, allerdings nur für die Marke Rimor. Die Fahrzeuge von Ahorn in Deutschland basieren auf dem Renault Master. Es ist ein komplexes Puzzle, aber solange wir es so schaffen können, sind wir in der Lage, die vielfältigen Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen.

Camper Professional: Wie charakterisieren Sie Ihre Fahrzeuge für den englischen Markt?

Prisco Vicidomini: Wir haben exklusive Grundrisse für England entwickelt mit einer Hecksitzgruppe und mit spezielleren Lösungen experimentiert, die wir dann auch auf dem deutschen Markt erfolgreich umgesetzt haben. Wie zum Beispiel den Evo 77 Plus, unseren Teilintegrierten auf Ford mit U-Sitzgruppe im Heck und doppeltem Hubbett vorne und hinten. Wir haben ihn dank der Unterstützung englischer Vorgaben entwickelt und am Ende hatten wir ein Fahrzeug, das sich auf dem Caravan Salon in Düsseldorf genauso gut verkauft hat wie die traditionellen Modelle. Die Hecksitzgruppe beispielsweise ist eine Lösung, die auch bei schlechtem Wetter viel Platz für gesellige Runden bietet. Deshalb ist diese Grundrisslösung auch für ganz Nordeuropa geeignet.

Camper Professional: Ein interessanter Ansatz. Gibt es noch ein andere besondere Grundrisse?

Prisco Vicidomini: Wir sind sehr stark im Segment der Alkoven vertreten. Dieser Bereich macht derzeit 42 % unserer Produktion aus: Fast die Hälfte unserer Produkte der Marken Rimor und XGO sind Alkoven-Fahrzeuge. Ein besonderer Grundriss? Der Rimor Seal 50 ist ein Alkoven mit einem Doppelstockbett im Heck und einem Bad in der Mitte. Er hat sich als Verkaufsschlager erwiesen. Er hat eine sehr große Dinette mit zwei gegenüberliegenden L-Sofas und einen Alkoven. In der Praxis stehen also immer sechs Betten bereit. Es ist ein Fahrzeug, das sowohl in Italien als auch im Ausland sehr gut funktioniert. In Deutschland bieten wir mit Erfolg den XGO Dynamic 39 Lounge an: Ein Alkoven mit Quer-Etagenbetten im Heck und einem üppigen Wohnbereich mit einem sehr langen Längssofa, das an einen Schrank mit einem versenkbaren Maxi-Fernseher grenzt. Er ist für die nordischen Länder konzipiert, wo man mehr Zeit an Bord als im Freien verbringt.

Camper Professional: Wie wichtig ist der Kastenwagen in Ihrer Strategie?

Prisco Vicidomini: Zirka 12 % unseres Umsatzes in Europa entfallen auf Vans. Sie stellen allerdings für uns immer noch eine große, aber auch anregende Herausforderung dar. Eines der Dinge, die ich an der derzeitigen Struktur von Luano Camp am meisten schätze, ist, dass wir eine Produktionslinie haben, auf der wir sowohl Vans als auch Wohnmobile produzieren können. Sie ist modular und kann schnell von der Produktion traditioneller Aufbaufahrzeuge auf die Produktion von Kastenwagenmobilen umgestellt werden. Dies hat uns auch in Zeiten schwierigen Teileversorgung geholfen, da wir sowohl Vans als auch Wohnmobile fertigen und die Lageraktivitäten bestmöglich harmonisieren konnten. Dieser Faktor, zusammen mit der Differenzierung der Grundproduktion, hat uns eine gewisse Kontinuität in der Produktion ermöglicht. Heute können wir 4-5 Campervans pro Tag bauen, hauptsächlich für den französischen Markt. Die Vans machen dort über 50 % unseres Umsatzes aus. Es handelt sich um ein Modell auf Fiat-Basis, das wir dann auch für England produzieren werden. Ab diesem Jahr wird die Produktion auch in speziellen Werken für den britischen Markt passieren. Alles im Einklang mit der Vertriebsstrategie, über die wir bereits gesprochen haben. Was den übrigen europäischen Markt betrifft, so nutzen wir das Potenzial einer der interessantesten Modelle der Gruppe: Den Trigano Van. Dies ist ein weiteres Beispiel für die Synergien, die sich innerhalb der Gruppe entwickeln. Wir alleine wären nicht in der Lage gewesen, die Nachfrage nach Kastenwagen mit unserer Produktion zu decken. Deshalb setzen wir auf sie mit zwei komplett maßgeschneiderten Serien für die Marke Rimor in Deutschland, Italien, Belgien und Spanien und für die Marke XGO in Deutschland und Italien.

Camper Professional: Wie entwickelt sich der Markt in Italien?

Prisco Vicidomini: Wir haben die Marke XGO gewissermaßen neu erfunden, indem wir sie klar von Rimor unterschieden und sie zur besten Marke für Einsteiger in die Reisemobilwelt gemacht haben. Mit einem Vertrieb, der auf regionaler Exklusivität basiert, mit einer Händlerstruktur für ein Makrogebiet oder eine Region. Auch wenn es einige Regionen gibt, in denen die Aufnahme neuer Händler von Vorteil wäre, funktioniert das System in seiner jetzigen Form sehr gut. Die Händler arbeiten in Bezug auf Ausstellungen und Vertrieb zusammen und wir haben ein völlig anderes Produkt als der Rest des Marktes angeboten.
Am Anfang war es das gleiche Produkt wie in Deutschland, aber dann haben wir die Identität von XGO Italia so entwickelt, dass sie sich völlig von den Produkten für Deutschland unterscheidet. Der XGO Italia wird auf Ford-Basis produziert, weil wir uns damit auf einem Marktniveau positionieren können, das sich deutlich von den Produkten mit Fiat-Basis unterscheidet. Wir haben Modelle auf Ford entwickelt, die es bei Rimor nicht gibt oder die nicht die gleichen Eigenschaften haben. Zum Beispiel gibt es das Alkovenmodell mit der großen Garage bei Rimor sowohl auf Ford als auch auf Fiat und bei XGO mit leicht abweichenden Abmessungen und einer völlig anderen Ausstattung. Bei XGO gibt es das Alkovenmodell mit Einzelbetten und das mit dem Doppelbett. Das erste gibt es auch bei Rimor, aber nur auf Fiat Ducato, das zweite bleibt der Marke XGO vorbehalten. Auf diese Weise vermeiden wir Bereiche, in denen die beiden Marken direkt miteinander konkurrieren. So können wir verschiedene Kundengruppen ansprechen und helfen auch dem Handel.

Camper Professional: Wie sieht der Markt in Deutschland aus?

Prisco Vicidomini: In Deutschland haben wir derzeit einen bedeutenden Marktanteil. Etwa 11 % der Produktion der Marke Rimor geht nach Deutschland (13 % nach Frankreich). Mit Rimor und XGO erreichen wir etwa 20 %, und wenn wir Ahorn hinzuzählen, kommen wir auf einen ausgesprochen hohen Prozentsatz von Produkten, die ausschließlich für den deutschen Markt bestimmt sind. Es gibt 23 verschiedene Modelle für XGO und 33 Modelle für Rimor, also insgesamt 56 verschiedene Lösungen. Das XGO-Angebot unterscheidet sich also völlig von dem italienischen und ist immer noch von der Fiat-Basis geprägt. Die klassischen Grundrisse (Stock- Einzel- oder Doppelbett) sind alle für den XGO in verschiede-nen Ausführungen erhältlich. Alkoven und teilintegriert gibt es mit oder ohne Hubbett. Diese Flexibilität ermöglicht es uns, die Kunden auf 360 Grad mit allen Lösungen abzu-fangen und ihnen viele Wahlmöglichkeiten zu bieten.
In Deutschland ist der Einstiegsmarkt mit der Präsenz von Discountern und großen Vertriebszentren im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr lebhaft. Sie halten den Wettbewerb mit XGO auf hohem Niveau. Eines der Dinge, die wir am besten beherr-schen, ist die Bewältigung dieser Komplexität mit einer ziemlich klassischen Serienproduktion, wobei wir unseren Produktionsplan mit einer hohen Aufmerksamkeit zusammenstellen, um das gesamte Angebot abzudecken, und zwar in voller Synergie mit den Händlern. Wir haben eine direkte Partnerschaft mit unseren Händlern und planen und analysieren die Saison gemeinsam, anstatt sie wie früher einfach von oben bestimmt durchlaufen zu lassen.

Camper Professional: Zurück zum deutschen Markt: Was erwarten Sie für die Zukunft? Wie wird er sich weiterentwickeln?

Prisco Vicidomini: Deutschland ist ein Markt, der eine explosive Phase erlebt hat, die sich vielleicht niemand vorstellen konnte. Was in den letzten zwei Jahren passiert ist, war verrückt: Während der Pandemie gingen allen Händlern die Fahrzeuge aus und es kam eine neue Kundschaft mit vielleicht nicht größerer Kaufkraft, aber ich würde sagen, etwas unmittelbarer, denn auf jeden Fall hat auch das kreditgebende Bankensystem in Deutschland stark auf die Forderungen der Branche reagiert. Das hat dazu geführt, dass der Markt in Bewegung geraten ist: Es gibt viele „Newcomer“ und der Händler hat noch viel Spielraum, um den Verkauf zu steuern. Exakte Vorhersagen zu treffen, ist schwierig, aber es wird weiter bewegte Zeiten geben. Was unser Produkt betrifft, so sind wir bestrebt, die eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, auch wenn wir natürlich mit längeren Lieferfristen arbeiten. Alle damit verbundenen Probleme werden wir bewältigen, wobei natürlich die Preisentwicklung an erster Stelle steht. Wir beobachten den Einstiegsbereich des deutschen Marktes sehr genau und beginnen, die Marke Rimor auch im mittleren Preissegment zu entwickeln und uns aus dem oberen Preissegment etwas zurückzuziehen. Die Stuttgarter Messe CMT 2023 war sehr positiv. Die lokalen Messen funktionieren und die Händler sind sehr zufrieden. Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung des Händlernetzes, denn wir sind stark gewachsen und müssen Anpassungen vornehmen, auch in Gebieten, in denen wir noch nicht so präsent sind, wie im Norden des Landes.

Exit mobile version