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HVO 100 – Brückentechnologie oder Zukunft?

Eine nachhaltige Kraftstofflösung mit technischen Fortschritten und wachsender Verfügbarkeit steht als Alternative zur Verfügung

Text und Fotos: Peter Hirtschulz und Claus-Detlev Bues

Alle reden von der E-Mobilität, die Diskussion um die Zukunft der Mobilität und eine Verkehrswende wird wenig sach- und praxisgerecht mit viel ideologischer Dogmatik in Deutschland geführt. Das von der EU geplante Aus für Verbrennermotoren gilt ab 2035. Dann dürfen keine neuen, mit fossilem Diesel oder Benzin betriebenen Fahrzeuge mehr neu zugelassen werden. Eine Ausnahme vom Verbrenner-Verbot soll es für E-Fuels geben. Dazu will die EU eine neue Fahrzeugklasse für E-Fuels-Autos schaffen, gebrauchte Diesel und Benziner und der Bestand sind nicht von dem Verbot betroffen. So stellt sich der aktuelle Stand dar.
Mit dem Gesetz zum Verbrenner-Aus richtet die EU ihre Prioritäten klar auf die Elektromobilität aus: Der CO2-Ausstoß wird als alleiniger Maßstab verwendet, und nach dem aktuellen Stand der Technik kann diese Vorgabe nur von Elektroautos oder Brennstoffzellen-Fahrzeugen mit Wasserstoff erfüllt werden. Die Produktion von Wasserstoff soll in den kommenden Jahren stark gefördert werden, obwohl Experten erwarten, dass Wasserstoff hauptsächlich in der Industrie eingesetzt wird. Es ist noch unklar, wie die neue Kategorie von Verbrenner-Fahrzeugen, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, in die Flottenziele integriert werden kann und welche Auswirkungen dies auf die Zielwerte bis 2035 hat. Entsprechende Regelungen werden voraussichtlich erst in den kommenden Jahren diskutiert und verabschiedet werden.
Was ist aber mit den bestehenden Diesel-Fahrzeugen wie unsere Reisemobile? Niemand scheint sich darum zu kümmern. Stellt sich die Frage, warum nicht eine Übergangstechnologie wie E-Fuels fördern, die auch die bestehenden Alt-Fahrzeuge sauber macht und CO2-neutral betreibt? Solche nachhaltigen Kraftstoffoptionen haben in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erhalten. Hydriertes Pflanzenöl (HVO) 100 hat sich als vielversprechende Alternative zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen erwiesen. HVO 100 ist ein erneuerbarer, kohlenstoffarmer Kraftstoff, der mehrere technische Vorteile bietet und in verschiedenen Teilen der Welt zunehmend verfügbar wird.

Was ist HVO 100?
HVO 100 ist ein erneuerbarer Dieselkraftstoff, der aus Pflanzenölen, tierischen Fetten oder anderen organischen Rohstoffen durch ein Verfahren namens Hydrotreatment hergestellt wird. Bei der Hydrobehandlung werden diese Rohstoffe in Gegenwart von Wasserstoff hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt, wodurch Verunreinigungen entfernt und Triglyceride in paraffinische Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Der daraus resultierende Kraftstoff ist eine klare und farblose Flüssigkeit, die chemisch nahezu identisch mit fossilem Diesel ist und daher mit bestehenden Dieselmotoren und der Infrastruktur kompatibel ist. HVO 100 entspricht der Norm EN 15940, der aktuellen Norm für synthetischen Diesel in Europa, und kann in den meisten Maschinen, Lkws und Bussen verwendet werden.

Technische Vorteile von HVO 100

  • Niedrige Emissionen: Einer der wichtigsten technischen Vorteile von HVO 100 sind die deutlich geringeren Treibhausgasemissionen im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. Es erzeugt bis zu 90 % weniger Kohlendioxid (CO2) und reduziert den Ausstoß schädlicher Schadstoffe wie Stickoxide (NOx) und Feinstaub. Dies macht HVO 100 zu einer attraktiven Option für die Industrie und den Transportsektor, die ihre CO2-Bilanz verbessern wollen.
  • Hohe Energiedichte: HVO 100 bietet eine hohe Energiedichte, die mit der von herkömmlichem Diesel vergleichbar ist. Das bedeutet, dass es in Dieselmotoren eine vergleichbare Laufleistung und Leistung erbringen kann, ohne dass Änderungen oder Leistungseinbußen erforderlich sind. Es kann fossilen Diesel in Fahrzeugen, Maschinen und Generatoren direkt ersetzen.
  • Stabilität und Kompatibilität: HVO 100 ist bekannt für seine ausgezeichnete Stabilität, selbst unter extremen Temperaturbedingungen. Es hat eine geringere Tendenz, sich im Laufe der Zeit zu zersetzen, was zu einer verbesserten Lagerung und Langzeitverwendbarkeit führt. Darüber hinaus ist es vollständig kompatibel mit der bestehenden Dieselinfrastruktur, einschließlich Tanks, Pipelines und Tankstellen, und erfordert keine zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur.
  • Sauberere Verbrennung: HVO 100 verbrennt sauberer als herkömmlicher Diesel, was zu geringeren Abgasemissionen und besserer Luftqualität führt. Diese sauberere Verbrennung führt auch zu einem geringeren Wartungsaufwand für Dieselmotoren und kann deren Lebensdauer verlängern.
  • Verfügbarkeit und Akzeptanz. Die Verfügbarkeit und der Einsatz von HVO 100 nehmen aufgrund seiner technischen Vorteile und des weltweiten Strebens nach nachhaltigen Energielösungen stetig zu. Mehrere Faktoren tragen zu seiner wachsenden Bedeutung bei:
  • Staatliche Anreize: Viele Regierungen auf der ganzen Welt haben Anreize und politische Maßnahmen eingeführt, um die Verwendung von Biokraftstoffen wie HVO 100 zu fördern. Zu diesen Anreizen gehören Steuererleichterungen, Zuschüsse und Vorschriften für die Beimischung von Biokraftstoffen zu herkömmlichem Diesel.
  • Investitionen in Produktionsanlagen: Da die Nachfrage nach HVO 100 steigt, investieren immer mehr Unternehmen in den Bau von Produktionsanlagen. Diese Anlagen können verschiedene Rohstoffe in HVO 100 umwandeln, was die Verfügbarkeit auf dem Markt erhöht.
  • Verbrauchernachfrage: Verbraucher und Unternehmen werden immer umweltbewusster und suchen aktiv nach saubereren Kraftstoffalternativen. Dies hat die Nachfrage nach HVO 100 angekurbelt und seine breitere Akzeptanz gefördert.
  • Ausweitung der Einzelhandelsnetze: Der Einzelhandelsvertrieb von HVO 100 wird ausgeweitet, und immer mehr Tankstellen bieten es neben herkömmlichem Diesel an. Dadurch wird der Zugang zu diesem Kraftstoff für Verbraucher und Unternehmen erleichtert.

Statement Neste, Deutschland:
Neste (NESTE, Nasdaq Helsinki, www.neste.de) hat seine deutsche Niederlassung in Düsseldorf. Das Technologie-Unternehmen schafft Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels und für einen schnelleren Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft. Für den erneuerbaren Diesel werden Abfälle, Reststoffe und innovative Rohstoffe zu erneuerbaren Kraftstoffen und nachhaltigen Rohstoffen für Kunststoffe und andere Materialien verarbeitet. Neste ist der weltweit größte Hersteller von nachhaltigem Treibstoff für die Luftfahrt und erneuerbarem Diesel und entwickeln das chemische Recycling von Kunststoffabfällen, um die Plastikverschmutzung zu bekämpfen.
„Neste begrüßt es sehr, dass mit dem Verordnungsentwurf des Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) zur 10. BImSchV die uneingeschränkte Zulassung des Verkaufs paraffinischer Dieselkraftstoffe einen Schritt näherrückt. Kerninhalt des Entwurfs ist die Aufnahme der DIN-Norm EN 15940 in die Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraftstoffen (10.BImSchV), so dass zukünftig auch 100 Prozent erneuerbarer Diesel (HVO 100), wie „Neste MY Renewable Diesel“, an öffentlichen Tankstellen angeboten werden kann.“

Fazit
In Deutschland hat der Reinkraftstoff HVO 100 noch keine Zulassung vom Umweltbundesamt. Aktuell befindet sich die europäische Kraftstoffqualitätsrichtlinie in der Überarbeitung. Dabei werde auch überprüft, ob paraffinische Kraftstoffe, zu denen HVO gehört, in Deutschland freigegeben werden könnten. Nach aktuellem Stand geht das Ministerium davon aus, dass die Änderungen in der Richtlinie bis Ende 2024 umgesetzt werden. HVO 100 stellt unser Meinung nach einen bedeutenden Fortschritt bei der Suche nach nachhaltigen Kraftstoffoptionen dar. Seine technischen Vorteile, darunter niedrige Emissionen, hohe Energiedichte und Kompatibilität mit der bestehenden Infrastruktur, machen ihn zu einer überzeugenden Wahl für die Verringerung der CO2-Bilanz in verschiedenen Sektoren. Da Regierungen, Industrien und Verbraucher der Nachhaltigkeit immer mehr Priorität einräumen, ist zu erwarten, dass die Verfügbarkeit und die Akzeptanz von HVO 100 weiter zunehmen und zu einer grüneren und nachhaltigeren Zukunft für Transport und Energieerzeugung beitragen werden.

Dazu auch ein aktueller TV-Beitrag:
www.zdf.de/nachrichten/panorama/auto-tanken-diesel-hvo-kraftstoff-faq-100.html

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