Wir sind die Nummer 1 in Europa
Ford, 1903 gegründet und bis heute in Familienbesitz, ist seit 1925 in Deutschland als Ford Motor Company präsent. Seit 1930 ist der Stammsitz in Köln und seit 1998 auch die Verwaltung für Ford Europa. Dabei deckt der Hersteller alle Fahrzeugsegmente vom PKW bis hin zu einer breiten Palette an Nutzfahrzeugen ab. In jüngster Vergangenheit hat das Unternehmen entschieden, sich verstärkt im leichten Nutzfahrzeug-Segment, inklusive aller Freizeitfahrzeug-Modelle, zu engagieren. Seit 2022 treibt Ford Pro das Nutzfahrzeuggeschäft als eigenständigen Geschäftsbereich voran. Camper Professional Deutschland hatte die Gelegenheit mit Sebastian Thomas, Leiter Aufbauhersteller und Camper, über dieses Projekt sowie die dahinterstehende Zukunftsstrategie zu sprechen.
Text: Peter Hirtschulz und Claus-Detlev Bues
Camper Professional – Was sind die aktuelle Kennzahlen für Ford?
Sebastian Thomas − Ford ist aktuell mit jährlich 4,4 Millionen produzierten Fahrzeugen sechstgrößter Hersteller weltweit. Aktuell betreiben wir weltweit mehr als 50 Werke mit insgesamt 177.000 Beschäftigten. In Deutschland beschäftigen wir zurzeit circa 16.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und europaweit 34.000. Im Nutzfahrzeug-Bereich sind wir seit neun Jahren die Nummer 1 in Europa. Im vergangenen Jahr haben wir rund 350.000 leichte Nutzfahrzeuge in der EU verkauft und einen Marktanteil von mehr als 14 Prozent erreicht. In Deutschland liegen wir derzeit ebenfalls bei circa 13 Prozent Marktanteil bei den Nutzfahrzeugen.
Camper Professional – Wie sieht denn die Lage bei Ford für den Camper- und Chassis-Bereich aus?
Sebastian Thomas − Wir besitzen im türkischen Kocaeli die größte und modernste Nutzfahrzeug-Produktionsstätte in Europa. Das Werk wurde im Jahr 2023 von Grund auf erneuert und die dortigen Kapazitäten weiter ausgebaut. Dort werden die Ford Transit und Tourneo/Transit Custom Modelle in hoher Stückzahl gebaut.
Während der Corona Zeit und der Halbleiterkrise haben wir sowohl unsere Ford Händler, als auch die Camper Hersteller mit den entsprechenden Fahrzeugen beliefert.
Die speziellen Camper Basisfahrzeuge des Ford Transit und Tourneo Custom sowie die Transit-Modelle mit Tiefrahmen-Chassis sind bei den Herstellern sehr gefragt.
Camper Professional – Wie stellt sich der deutsche Camper-Markt für Ford dar?
Sebastian Thomas − Im Jahr 2021 haben wir entschieden, uns wieder stärker im Camper-Markt zu engagieren. Dass dies mit dem Beginn der Corona-Pandemie und dem daraus resultierenden Camping-Boom zusammenfiel, war eher Zufall. Als Europas Markführer bieten wir eine umfassende und qualitativ hochwertigen Flotte an leichten Nutzfahrzeugen. Die Qualität unserer Fahrzeuge und den guten Ruf, den wir uns bei den Nutzfahrzeugkunden in den vergangenen Jahren erarbeiten konnten, wollten wir auch für den Camper-Markt nutzen, was uns sehr gut gelungen ist. Während wir im Jahr 2021 noch unter 1.000 Camper-Basisfahrzeuge in Deutschland auslieferten, steigerten wir diese Zahl 2023 um das Achtfache. Damit erreichen wir in dem Segment der Reisemobile einen aktuellen Marktanteil von über 12 Prozent. In den vergangenen drei Jahren haben wir die deutsche Camper-Industrie mit über 15.500 Fahrzeugen versorgt.
Camper Professional – Die Produktion in der Türkei, wer steuert denn in Deutschland die Ford-Camper-Offensive?
Sebastian Thomas − In der D-A-CH-Region, also in Deutschland Österreich und der Schweiz steuert mein Team alle Maßnahmen, wir sind der erste Ansprechpartner für die Reisemobil-Hersteller und die Branche. Dabei sind wir immer in enger Abstimmung mit unseren Kollegen aus Großbritannien, die das Geschäft für den Rest von Europa steuern.
Ich persönlich bin sehr froh, dass wir mittlerweile ein immer größer werdendes Team haben, welches sich ausschließlich um alle Belange der Camper Industrie kümmert.
Camper Professional – Neben der anerkannt hohen Qualität, was spricht im Freizeitfahrzeug-Bereich noch für Ford als Chassis-Lieferant und Campervan-Produzent?
Sebastian Thomas − Ford ist nicht neu in der Camper Branche. Wir haben bereits vor ca. 40 Jahren angefangen unser eigenes Produkt, den Ford Transit Nugget über unsere Ford Händler zu vertreiben. Seitdem haben wir viele Erfahrungen gesammelt und wissen genau was die Kunden und somit auch andere Hersteller von Reismobilen von unseren Basisfahrzeugen erwarten.
Die Firma Ford ist neben Ford Pro im Privatkundenbereich strategisch ausgerichtet auf Adventurous Spirit, da passt das Puzzlestück Reisemobile hervorragend hinein.
Camper Professional – Was kann Ford aktuell an Basis-Produkten für die Caravaning-Branche anbieten?
Sebastian Thomas − Unsere überaus erfolgreiche Transit-Familie. Sie umfasst unter anderem den gerade neu vorgestellten Tourneo/Transit Custom, der sich im Segment der 1-Tonnen-Nutzlast-Transporter schon Bestnoten verdient hat. Aber auch den „großen“ 2-Tonnen-Transit, der mit einer umfassenden Modellvielfalt vom Kastenwagen bis zum Reisemobil-Chassis als Kastenwagen und Tiefrahmen-Fahrgestell alle Bedürfnisse der Branche abdeckt. Der Ford Ranger ist sehr beliebt bei allen Herstellern für Aufsetzkabinen.
Camper Professional – Wie sieht es mit den werkseigenen Reisemobilen der Nugget-Serie aus?
Sebastian Thomas − Der Ford Nugget profitiert vom neuen Tourneo Custom. Wir haben den Ford Nugget, als Campervan mit Aufstelldach komplett neu aufgesetzt und ihm alle Innovationen der neuen Basis mitgegeben. Ein tolles Fahrzeug, das weiterhin die Ford-Kompetenz in Sachen Reisemobile deutlich unterstreicht. Er wird wie bisher bei Westfalia in Rheda-Wiedenbrück gebaut. Die Produktion des Nugget startet im April 2024 mit dem kurzen Radstand und dem Aufstelldach. Nach und nach werden wir alle bekannten Nugget Varianten einführen, beginnend mit dem kommenden Caravan Salon 2024 in Düsseldorf.
Camper Professional – Warum sollte ein Caravaning-Händler Mobile mit Ford-Chassis oder Campervan empfehlen?
Sebastian Thomas − Natürlich zunächst einmal wegen der anerkannten, hohen Qualität unserer Fahrzeuge. Zudem bieten wir eine außergewöhnlich hohe Serienausstattung mit zahlreichen Fahr- und Sicherheitsassistenzsystemen. Unsere Kernkompetenz ist sicherlich der Fahrkomfort, das bestätigen uns unsere Kunden, insbesondere wichtig für mobile Vielreisende.
Wir arbeiten eng mit dem DCHV zusammen und haben beispielsweise ein Schulungsfahrzeug für Auszubildende zur Verfügung gestellt. Aus dieser engen Zusammenarbeit resultieren auch wertvolle Informationen, um den reisemobilen Ansprüchen unserer Kunden in Zukunft noch besser gerecht zu werden. Zudem unterstützen wir den Handel direkt beim Vertrieb, dienen jederzeit als kompetenter Ansprechpartner bei Produktfragen und nehmen auch gerne Anregungen an.
Camper Professional – Und wie sieht das Verhältnis zwischen Ford und den Herstellern aus?
Sebastian Thomas − Die Hersteller sind die wichtigste Säule bei unserer Camper-Offensive. Jeder Hersteller, der mit uns zusammenarbeitet, bekommt exklusiven Zugang zu unseren Ford-Ingenieuren, die in enger Abstimmung die Zusammenarbeit und die technische Weiterentwicklung nach reisemobilen Maßstäben vorantreiben. Erster Ansprechpartner ist aber immer unser Key Account Manager, der auch die Kontakte zu anderen Ford internen Abteilungen herstellt. Im Einzelnen handelt es sich beispielsweise dabei um die Umsetzung von Zertifizierungsregeln, Umbau-Richtlinien und die Unterstützung bei der Produktion. Enger und effektiver kann eine Zusammenarbeit kaum sein.
Camper Professional – Wie sieht das Verhältnis von Ford zu den Endkunden aus?
Sebastian Thomas − Natürlich pflegen wir auch das Verhältnis zu unseren reisemobilen Ford-Kunden. Wir unterstützen sie mit Karten- und Kontaktinformationen, Unfallassistenz, Pannenhilfe und weiteren Serviceleistungen wie beispielsweise die Überwachung von Inspektionsverlauf und Wartungsintervallen. Wir bieten allen Ford Kunden zusätzlich zu unserer Herstellergarantie die Möglichkeit, den Zeitraum der gesetzlichen Gewährleistung zu verlängern. Speziell für Camperkunden bieten wir bis eine Verlängerung bis zu acht Jahren mit einer Kilometerbegrenzung von 120.000 Kilometer an, inklusive einer europaweiten Mobilitätsgarantie, die branchenweit vorbildlich ist. Somit ist ein zuverlässiger Schutz vor unerwarteten Reparaturen bei Material- oder Hersteller-Fehlern sichergestellt.
Camper Professional – Was sind die Zukunftsziele bei Ford im Camper-Bereich?
Sebastian Thomas − Wir wollen den Erfolg der vergangenen drei Jahre kontinuierlich fortführen und unseren Marktanteil im Camper-Bereich weiter ausbauen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns natürlich auch intensiv mit dem Thema E-Mobilität…
Camper Professional – Ein gutes Stichwort E-Mobilität im Caravaning-Bereich. Wie ist Ford Pro da aufgestellt?
Sebastian Thomas − Ja, das Thema E-Mobilität ist auch für den Caravaningbereich durchaus relevant. Allerdings in langfristiger Perspektive. Derzeit hält sich die Nachfrage der Kunden aufgrund der Ladeinfrastruktur, der Gewichtsfrage und der damit verbundenen Einschränkung des B-Führerscheins noch zurück. Dennoch: Mit dem E-Transit und dem E Transit Custom haben wir attraktive und praxistaugliche Elektro-Transporter im Programm. Und wir treiben die Elektrifizierung unserer Nutzfahrzeugflotte vehement voran. Bis 2035 werden wir in Europa nur noch rein elektrische Modelle anbieten.